Die in Gründung befindliche Assoziation der Schönsten Dörfer Chinas hatte vom 23.-27. September 2019 zum internationalen Treffen in den Südosten des Landes eingeladen – mit dabei zwei Vertreter von Sachsens Schönsten Dörfern.

Zum Auftakt fand in Guilin – mit knapp 5 Millionen Einwohnern eine chinesische Stadt mittlerer (!) Größe – ein Symposium „Kulturtourismus in den Schönsten Dörfern“ statt. Die internationalen Partner stellten hier ihre Organisationen und die verschiedenen Wege vor, wie das Erfolgskonzept der Schönsten Dörfer umgesetzt werden kann. Das Prinzip der Entwicklung und Inwertsetzung des bau-/kulturellen Erbes der Dörfer ist dabei grundsätzlich dasselbe. Vorreiter sind die touristisch hochprofessionellen Assoziationen in Frankreich und Italien.

Die Plus Beaux Villages de France sind auch der Pate des chinesischen Projektes. Grundlage dafür ist eine zwischenstaatliche Vereinbarung, da in China eine nationale Initiative einer entsprechenden Einbettung bedarf. Das Ziel der chinesischen Akteure ist die Bewahrung charakteristischer Dörfer, die – wie bei allen anderen – als wichtiger Teil der Identität des Landes betrachtet werden. Viele Dörfer sind von Bevölkerungsschwund und Überalterung betroffen, da die jungen Menschen ihre Zukunft in den boomenden Ballungszentren sehen bzw. sich dem Millionenheer der Wanderarbeiter anschließen. Nicht wenige Dörfer sind dadurch in ihrem Bestand gefährdet. Wenn die Jungen im Dorf bleiben, streben sie einen modernen Lebensstandard an, so dass die alten, traditionellen  Häuser verlassen werden und neue Bauten entstehen, deren Architektur aber meist beliebig und ohne regionalen Bezug ist. Analogien zu Tendenzen in europäischen ländlichen Räumen liegen auf der Hand.

In den Folgetagen wurden fünf Dörfer im Autonomen Gebiet Guangxi besucht, die z.T. aus historischen Ortslagen mit angedockten, großen modernen Siedlungen bestanden. Die traditionellen Häuser sind aus Natur- oder Ziegelstein und zum Teil Lehm gebaut, nicht selten mit sehr aufwendigen Fenstergittern und Verzierungen aus Holz und Wandmalereien. Typisch für die Region sind geschlossen um einen kleinen Innenhof gebaute Häuser, die oft Wand an Wand stehen. Viele sind leergefallen oder nur noch von alten Leuten bewohnt, die der einfachen, traditionellen Lebensweise folgen. So wird z.B. die Wäsche im Fluss gewaschen. Die Folge von Leerstand ist beginnender Verfall, es sind aber auch Sanierungen zu beobachten. Diese werden von der Regierung unterstützt. Ob die Arbeiten denkmalgerecht geschehen, ist – hier wie dort – ein entscheidender Moment für die Erhaltung der regionalen Baukultur.

Die chinesische Assoziation der Schönsten Dörfer will künftig mit drei Kategorien von Orten arbeiten: Dörfer, die

  • grundhaft saniert und touristisch vermarktungsfähig sind
  • saniert und auf die touristische Vermarktung vorbereitet werden
  • zunächst unter Schutz gestellt worden sind, um weitere Verluste aufzuhalten.

Dass die Dörfer nicht zu musealen Kulissen mit exotischen Einwohnern oder gar Erlebnisparks werden, sondern vitale und authentische Lebensräume bleiben, wird eine Herausforderung sein.

Die Region Guangxi ist berühmt für ihre spektakuläre Karsthügel-Landschaft. Das urbane Kontrastprogramm bildete der Ballungsraum von Guangzhou (Kanton) mit ca. 14 Millionen Einwohnern als Ausgangs- und Endpunkt der Reise.

Markus Thieme

Foto: Unterwegs auf dem Li River durch die spektakuläre Karstlandschaft, die als „Klischeebild“ der chinesischen Landschaft schlechthin gilt. © Markus Thieme